Mittwoch, 30. August 2023

Künstlerischer Aluminiumguss - Jörg Riemke - Arbeitsstipendium IB Bank Sachsen-Anhalt 2023



















































Das Schmelzen des Aluminiums hat Besonderheiten, da Aluminium beim Schmelzen stark Wasserstoff und Sauerstoff aufnimmt und beim Abkühlen Wasserstoff abgibt, was die Schmelze gefährlich und unberechenbar macht. Daher sind Schmelzzusätze notwendig. Ich verwendete Arsal 2135 in einer Zugabe von 0,2% zur Schmelze. 
Bei meinem ersten Gussversuchen ging ich von Wachsmodellen aus, die ich für Bronze entworfen, aber noch nicht ausgeführt hatte. Für das Wachsauschmelzverfahren wendete ich alle aufwendigen   Arbeitsschritte wie für Bronze an. Um rationell zu arbeiten vereinte ich 4 Modelle zu einer Gusstraube. Aluminium hat eine sehr hohe Oberflächenspannung, feinste Details waren daher unscharf. Also alles noch einmal. Diesmal aber mit 100 Grad über der Schmelztemperatur, um die Fließfähigkeit zu erhöhen. Nach dem Zerschlagen der Gussform präsentierte sich der Guss mit den komplizierten Gusskanälen hochglänzend in einem interessanten Licht-und Schattenspiel. Nach dem Entfernen aller Gusskanäle konnte ich die einzelnen gegossenen Medaillien begutachten. Der Guss war jetzt gelungen, nur der hohe Glanz störte. Bevor ich dieses Problem anging, modellierte ich noch mal 4  kleine Figuren in Ton, lies diese brennen, formte sie mit Silikon ab, stellte Wachsmodelle her, bettete diese in eine Gips-Schamotte-Mischung ein, schmolz das Wachs mitWasserdampf aus und brannte dann die Gussform bei 600 Grad über 5 Stunden. Die kleinen Figuren hatte ich ebenfalls zu einer Traube zusammengefasst. Die Figuren goss ich nicht hohl wie bei Bronze, sondern massiv, ein Vorteil des leichten Aluminiums. Bei den Figuren störte der Glanz noch stärker, da er die Plastizität aufhob. Ich bearbeitete die Medaillien und die Figuren mit Schmiergelpulver Körnung 60. Bei den Medaillien ging das noch gut, bei den Figuren wurde es schon schwieriger, da ja gerade die Vertiefungen durch die Bearbeitung den Glanz verlieren mussten. Ich arbeitete dann weiter mit dem Einbrennen einer dünnen Ölschicht im Wechsel mit Schmiergeln. Der Charakter des Aluminiums sollte erhalten bleiben, also keine Färbung nur hell-dunkel Abstufungen. Aber insgesamt war der Aufwand sehr hoch. Aluminium lässt sich nicht echt chemisch patinieren wie Bronze, da Aluminium sofort an der Luft Sauerstoff aufnimmt und eine dünne aber stabile Oxydschicht bildet. In der nächsten Experimentierphase ging es mir darum, den Arbeitsaufwand zusenken. Im offenen Guss = Herdguss goss ich jetzt in eine nur getrocknete Tonform und in eine Gipsform. Beides ging schief : beide Formen reagierten heftig mit dem flüssigen Aluminium und zerplatzten. Sowohl der Ton als auch der Gips dürfen nur in gebrannten Zustand mit dem flüssigen Aluminium in Berührung kommen. Ich änderte jetzt die Marschrichtung und ging zum Sandguss über.  Dazu benötigte ich ein festes Positivmodell. Ich modellierte ein Relief, lies es brennen und versuchte es im ölgebundenen Sand abzudrücken, was zunächst nicht richtig gelang. Jetzt legte ich das Modell in einen offenen Holzrahmen, siebte Ölsand darüber und verdichtete diesen schrittweise. Ich wendete den Rahmen, eine kleine Rundherumleiste verhinderte das Durchrutschen des Sandes. Vorsichtig hob ich das gebrannte Tonmodell aus dem Sand und hatte jetzt einen perfekten Negativabdruck. In diesen goss ich jetzt das Aluminium. Meine Kalkulation war, dass der Sand eine Microstruktur erzeugt und dass das verbrennende Öl eine leichte Tonung ergibt. Das gelang sehr gut. Es war nur eine relativ einfache Nachbearbeitung notwendig. Noch glänzende Stellen wurden mit Schmirgelpulver Körnung 60 aufgeraut und damit dunkler. Erhabene Stellen bekamen durch feineres Schleifen einen Seidenglanz. Um zu testen wie sich das Aluminium gegen Marmor und Bronze behaupten kann, fertigte ich eine kleine Marmorskulptur passender Größe an und goss eine Bronzefigur. Die Bronzefigur patinierte ich nicht , sondern bearbeitete sie nur mechanisch. Jetzt hatte ich drei Kunstwerke, die jeweils ihre Materiaeigenschaften voll zur Geltung brachten – Aluminium, Bronze und Marmor. Das Aluminium wirkte jetzt sehr edel und behauptete sich gut neben Bronze und Marmor.


 

Künstlerischer Aluminiumguss - Jörg Riemke - Arbeitsstipendium IB Bank Sachsen-Anhalt 2023

Das Schmelzen des Aluminiums hat Besonderheiten, da Aluminium beim Schmelzen stark Wasserstoff und Sauerstoff aufnimmt und beim Abkühlen Was...